Zu Beginn der Entwicklung der diesjährigen Trauben, war es sehr trocken. Der Begriff „Blitzdürre“ schaffte es in meinen Wortschatz. Zu dieser Zeit fürchtet ich wieder ein zu trockenes Jahr und wünschte mir Regen. Mein Wunsch wurde erhört. Allerdings hätte ich vielleicht etwas präziser formulieren sollen, denn es kam dann für die Trauben viel zuviel Regen. Die Trauben wurden immer mehr „aufgepumpt“ und waren viel zu gepackt. Es war kein Platz mehr zwischen den Beeren, welcher die Trocknung nach einem Regen erleichtert.
Während in Südeuropa die Reben mit dem falschen Mehltau zu kämpfen hatten, war es in Deutschland der echte Mehltau (Oidium), welcher schon früh für Probleme sorgte. Durch diese Vorschädigung und die Feuchtigkeit, kam es zu ersten Fäulnisnestern. Ein zu frühes Rausschneiden dieser Trauben war problematisch, da dann die verbliebenen Beeren noch dicker geworden wären und sich gegenseitig abgedrückt hätten und dann aufgeplatzt wären.
Bei aufkommender Fäulnis wünscht man sich Sonnenschein und niedrige Temperaturen. Der Sonnenschein kam und brachte den gewünschten Reifeschub. Leider kam auch der Hochsommer mit aller Macht zurück. Ich kann mich erinnern wie beunruhigt ich vor vielen Jahren war, als ich es das erste mal erlebte, dass die 20°C Marke während der Ernte geknackt wurde. Dieses Jahr war es die 30°C Marke. Neben der direkten Klimaerwärmung kommt hinzu, dass die Trauben immer früher reif werden. Gegenüber den 1980er Jahren ernten wir im Schnitt über einen Monat früher die Trauben. Für den sicheren Nachweis des Klimawandels reicht damit ein einfacher Kalender. Seit 1988 ist die Entwicklung zu spüren. Sie schwankt etwas, aber kennt nur eine Richtung und das ungebremst.
Am 12. September wurde vorallem der südliche Teil Rheinhessens von einem schweren Unwetter mit Starkregen und golfballgroßen Hagelkörnern heimgesucht und brachte manchen Kollegen um einen Teil seiner Ernte.
Dieses Jahr begann die Traubenlese jeweils Nachts um 0:00 Uhr um die Trauben bei moderaten Temperaturen zu ernten. Aber selbst Mitte September hatten wir noch tropische Nächte in denen um Mitternacht die Temperatur noch über 20°C lag. Die Population der bei uns seit 2014 heimischen und gefüchteten Kirschessigfliege Drosophila Suzukii freute sich besonders und führte zu einer sehr zügigen Ernte besonders der roten Trauben.
Bei der Erntemenge war es bei mir eine normal große Ernte. Die Anfangs prognostizierte üppige Ernte bewahrheitete sich nicht und wurde während der großen Hitze etwas „eingedampft“.
Wie wird er denn nun, der 2023er Jahrgang? Da wird es eine große Bandbreite geben. Wo die gesunden Trauben noch lange die Sonne nutzen konnten, wird es tolle Weine geben. Am anderen Ende gibt es in manchen Kellern auch erheblich Mengen an Wein, wo man erst gar nicht versuchen wird sie zu verkaufen und das obwohl erhebliche Mengen an Trauben aufgrund von Fäulnis nicht mehr geerntet wurden.
Insgesamt bin ich mit der Ernte sowohl in der der Menge als auch in Qualität zufrieden. Mit etwas weniger Aufregung und Zeitdruck würde mir die Ernte 2023 positiver in Erinnerung bleiben.
Jetzt bei kühleren Temperaturen, sehe ich der restlichen Traubenlese entspannt entgegen.